Der internationale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2013.
Auch in diesem Jahr gedachte der Landtag von Rheinland-Pfalz zum 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus. Dabei erinnerte der Landtag an die Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933. Damals, vor 80 Jahren, wurde der Führer der NSDAP, Adolf Hitler, Reichskanzler. Damit begann der Weg vom Rechtsstaat zum Unrechtsstaat, von der Gewaltenteilung hin zur Gleichschaltung von Staat und Gesellschaft, ein Weg, der im Terrorregime und schließlich in Krieg und Holocaust endete. Deshalb führte der Landtag die zentrale Veranstaltung des Landes zum 27. Januar 2013 auch in der Gedenkstätte KZ Osthofen bei Worms durch. Dort hatte man schon im März 1933 eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland eingerichtet. In der Sitzung des Landtages spricht Prof. Dr. Winfried Hassemer, der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Sein Vater war 1933 im KZ Osthofen inhaftiert gewesen. Das Thema seiner Gedenkrede lautet: „Wovon das Recht lebt und woran es verdirbt. Die Zerschlagung des Rechts ab 1933.“
Lesen Sie HIER den Bericht über die vom Landtag herausgegebene Broschüre zu den Gedenkveranstaltungen im Landtag, in Mainz und im ganzen Land Rheinland-Pfalz.
Lesen Sie HIER den Bericht in der StaatsZeitung von Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 2012.
Der Gedenktag für die NS-Opfer in Koblenz
In diesem Jahr schloss sich unser Förderverein mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus nicht dem Thema des Landtages ein. In Koblenz hatten wir schon zum 27. Januar 2008 an die 75. Wiederkehr der Machtübernahme durch die Nazis erinnert und mit einer Ausstellung dieses Ereignisses und der Verfolgung der NS-Opfer kurz nach der Machtübernahme gedacht. Deshalb wählten wir für diesen 27. Januar einen anderen Anlass. Es war die 1. große Deportation von Sinti aus Koblenz und Umgebung nach Auschwitz-Birkenau. Am 10. März 1943, also vor nunmehr 70 Jahren, waren 149 Sinti, Familien aber auch einzelne Personen, in das sog. Zigeunerlager des Konzentrations- und Vernichtungslager Aschwitz-Birkenau verschleppt worden.
Lesen Sie nachfolgend den Vorbericht unseres Fördervereins zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz am 27. Januar 2013:
Wie jedes Jahr erinnert der Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz e.V. in Kooperation mit der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit und der Stadt Koblenz an die NS-Opfer aus Koblenz. Im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltungen zum nationalen Gedenktag am 27. Januar 2013 steht die Opfergruppe der Sinti. Konkreter Anlass für das Erinnern an sie sind zwei Jahrestage. Am 16. Dezember 2012 jährte sich zum 70. Mal der sog. Auschwitz-Erlass Heinrich Himmlers und am 10. März 2013 wird sich zum 70. Mal die erste Deportation der Sinti in das sog. Zigeunerlager des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau jähren.
Etwa ein Jahr nach Beginn der systematischen Judendeportationen „in den Osten“ und damit in die Vernichtung ordnete der „Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei“ Heinrich Himmler am 16. Dezember 1942 an, 23.000 „Zigeuner“ aus Europa nach Auschwitz zu deportieren. Wie der höchstwahrscheinlich zuvor gegebene Befehl zum Völkermord an den europäischen Juden ist auch dieser Auschwitz-Erlass Himmlers nicht überliefert. Aus dem Schnellbrief des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) vom 29. Januar 1943 an die Kriminalpolizeileitstellen erschließt sich aber dessen Inhalt. In dem Schnellbrief heißt es:
„(…) Auf Befehl des Reichsführers-SS vom 16. Dezember 1942 (…) sind Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen in ein Konzentrationslager einzuweisen. Dieser Personenkreis wird im nachstehenden kurz als „zigeunerische Personen“ bezeichnet. Die Einweisung erfolgt ohne Rücksicht auf den Mischlingsgrad familienweise in das Konzentrationslager (Zigeunerlager) Auschwitz. (…) Die künftige Behandlung der reinrassigen Sinte- und der als reinrassig geltenden Lalleri-Zigeuner-Sippen bleibt einer späteren Regelung vorbehalten. (…) Die Familien sind möglichst geschlossen, einschließlich aller wirtschaftlich nicht selbständigen Kinder, in das Lager einzuweisen. Soweit Kinder in Fürsorgeerziehung oder anderweitig untergebracht sind, ist ihre Vereinigung mit der Sippe möglichst schon vor der Festnahme zu veranlassen. In gleicher Weise ist bei Zigeunerkindern zu verfahren, deren Eltern verstorben, im Konzentrationslager oder anderweitig verwahrt sind. (…).“
Himmlers Befehl war die letzte Etappe auf dem Weg zum Völkermord an den Sinti und Roma im „Altreich“. Zuvor waren bereits Tausende Roma in den besetzten Gebieten in Ost- und Südosteuropa ermordet worden. Bereits im August 1938 hatte die Koblenzer Polizei bei dem „Zigeunerschub von der Westgrenze“ Sinti nach Mitteldeutschland verschleppt, sie dann aber bald zurückkehren lassen müssen. Bei der Mai-Deportation der Sinti im Rahmen des „Westfeldzuges“ wurden knapp 80 Sinti aus Koblenz in das von Deutschland besetzte Polen, in das Generalgouvernement, deportiert.
Die Auswahl der Deportationsopfer im Jahr 1943 nahmen erneut die vor Ort mit der „Zigeunerfrage“ befassten Polizisten und Gemeindebeamten vor. Ziel war Auschwitz-Birkenau. Dort war der aus 32 Wohnbaracken und sechs Sanitätsbaracken bestehende Bereich „B IIe“ als „Zigeunerfamilienlager“ eingerichtet worden. Die Deportationen aus dem Rheinland begannen auf der Grundlage des erwähnten Schnellbriefs vom 29. Januar 1943 am 2. März 1943.
Am 10. März 1943 wurden auch die Sinti aus Koblenz und Umgebung deportiert. Insgesamt waren es 149 Personen, Männer, Frauen und Kinder. Sie waren – oft aufgrund Himmlers „Festschreibungserlasses“ von 1939 gezwungenermaßen in Koblenz ansässig geworden. Zuvor waren sie für die Deportation in Koblenz zusammengepfercht worden. Einer von ihnen war der damals zehnjährige Daweli („Alfons“) Reinhardt aus Koblenz.
Daweli und seine Familie kamen mit insgesamt ca. 23.000 „Zigeunern“ aus Europa nach Auschwitz. Dort musste er viel erleiden. Mit Geschick und Glück überlebte er wie seine Eltern und die meisten seiner Geschwister diese Qualen, Schikanen und Erniedrigungen. Sehr viele andere starben in den nächsten Monaten an Hunger, Seuchen, Gewalt und Menschenversuchen vor allem des berüchtigten SS-Lagerarztes Dr. Josef Mengele mit seiner „Zwillingsforschung“. Nach Schätzungen von Historikern fielen diesem Völkermord Sinti und Roma in einer Größenordnung von mehr als 100.000 Menschen zum Opfer. Ihre Interessenvertretung in Deutschland, der Zentralrat deutscher Sinti und Roma, geht demgegenüber von einer fünfmal höheren Zahl, von 500.000 Opfern, aus.
Aus Anlass dieser Gedenktage zeigt der Förderverein Mahnmal Koblenz vom 16. Januar bis 6. Februar 2013 im Rathaus Koblenz, Jesuitenplatz, Eingang Tourist-Information die Wanderausstellung des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma „’Die Überlebenden sind die Ausnahme’ – Der Völkermord an Sinti und Roma“. Die Ausstellung wird ergänzt durch einige Biografien Koblenzer Sinti. Eröffnet wird die Ausstellung am Mittwoch, dem 16. Januar 2013, um 18.00 Uhr. Am Sonntag, dem 27. Januar 2013, beginnt das öffentliche Gedenken für die NS-Opfer aus Koblenz und Umgebung mit der Statio am Mahnmal auf dem Reichensperger Platz um 17.30 Uhr. Um 18.00 Uhr schließt sich in der Christuskirche am Friedrich-Ebert-Ring die Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet an.
Lesen Sie HIER den Vorbericht zu den Veranstaltungen in der Rhein-Zeitung vom 9. Januar 2013.
und HIER im Koblenzer LokalAnzeiger „Der Schängel“ vom 23. Januar 2013
Die Klasse 10a der Clemens-von-Brentano Realschule in Koblenz besucht die Ausstellung.
Die Klasse 10a der Clemens-von Brentano-Realschule besuchte die Ausstellung und fertigte darüber einen Bericht, den wir hier nachfolgend dokumentieren:
Die Würde des Menschen ist unantastbar
Samstag, 13. März 1943: 149 Sinti - Kinder, Frauen und Männer - werden vom Hauptbahnhof Koblenz aus in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert.
Aus Anlass des 70. Jahrestages der Deportation der Koblenzer Sinti standen die Sinti und Roma im Mittelpunkt der Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar.
Im Rathaus zeigte der Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz die Ausstellung „Die Überlebenden sind die Ausnahme - der Völkermord an Sinti und Roma“.
Diese Ausstellung besuchten wir, die Klasse 10a, mit unseren Lehrerinnen Frau Bock und Frau Schwamm am 25. Januar 2013. Herr Joachim Hennig, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Mahnmal, informierte uns im Rathaussaal zunächst über die Geschichte der Sinti und Roma und berichtete dann über die Diskriminierung, Entrechtung, Verfolgung und Ermordung der „Zigeuner“ durch die Nationalsozialisten. Ein Schwerpunkt seines Referats war die Verfolgung der Koblenzer Musikerfamilie Reinhardt.
Daweli Reinhardt war erst 10 Jahre alt, als er am 13. März 1943 mit seiner gesamten Familie nach Auschwitz deportiert wurde. Viele seiner Angehörigen wurden ermordet. Er war einer der wenigen Sinti, die die Torturen des KZ überlebten. Mit 13 Jahren kehrte er mit seinem Bruder an der Hand nach Koblenz zurück.
Über sein Leben hat er zusammen mit Joachim Hennig ein berührendes Buch geschrieben, aus dem wir einige Textauszüge lasen. Das Buch heißt „Hundert Jahre Musik der Reinhardts - Daweli erzählt sein Leben.“
Historiker schätzen, dass circa 100 000 Sinti und Roma aus rassistischen Gründen von den Nationalsozialisten ermordet wurden, die Sinti und Roma selbst gehen von etwa 500 000 Menschen aus.
Nach dem Einführungsvortrag von Herrn Hennig und der Beantwortung unserer Fragen besuchten wir in zwei Gruppen die Ausstellung und beantworteten die Fragen auf unseren Arbeitsblättern.
Wir haben an diesem Vormittag auf anschauliche Weise viele interessante Fakten über die Zeit des „Dritten Reiches“ in Koblenz gelernt und kehrten nachdenklich in unsere Schule zurück.
Felix Egeri, Klasse 10a, und Gabriele Bock.
Am Sonntag, dem 27. Januar 2013, beginnt das öffentliche Gedenken für die NS-Opfer aus Koblenz und Umgebung mit der Statio am Mahnmal auf dem Reichensperger Platz um 17.30 Uhr. Um 18.00 Uhr schließt sich in der Christuskirche am Friedrich-Ebert-Ring die Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet an.
Lesen Sie HIER das Programm zu den Veranstaltungen am 27. Januar 2013.
Präsentation der virtuellen Ausstellung „Hugo Salzmann in der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert am 2. Februar 2013
Als Promotion und aus Anlass der 80. Wiederkehr der Machtübernahme der Nazis sowie des 110. Geburtstages von Hugo Salzmann zeigt die Landeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit unserem Förderverein als Film eine einstündige Präsentation der virtuellen Ausstellung “Hugo Salzmann (1903 – 1979): Kommunist – Gewerkschafter – Künstler aus Bad Kreuznach.
Die Veranstaltung unter dem Titel „Vor 80 Jahren – tot oder lebendig“ steht im Zusammenhang mit den Gedenkveranstaltungen des Landtages zur Machtübernahme der Nazis vor 80 Jahren. Einen Monat nach der „Machtergreifung“ suchten SA und SS Hugo Salzmann auf Fahndungsplakaten „Tot oder lebendig“ und lobten ein „Kopfgeld“ von 800 Reichsmark aus. Wer war dieser Hugo Salzmann?
Geboren wurde er am 4. Februar 1903 – also vor nunmehr 110 Jahren – als Sohn eines Glasbläsers und einer Näherin in Kreuznach an der Nahe. In seiner Heimatstadt starb er am 14. Oktober 1979. In diesen 76 Jahren erlebte und durchlitt er vier Epochen der jüngsten deutschen Geschichte: Das ausgehende Kaiserreich, zuletzt als Metalldreher-Lehrling und Jung-Gewerkschafter, die Weimarer Republik als Jungkommunist, Betriebsratsvorsitzender, KPD-Stadtverordneter und Reichstagskandidat, den Nationalsozialismus als politischer Flüchtling, Emigrant in Paris, Mitglied der dortigen Emi-Leitung, Inhaftierter im Konzentrationslager Le Vernet, Gestapohäftling und vom Volksgerichtshof wegen Hochverrats zu acht Jahren Zuchthaus Verurteilter, die Nachkriegszeit zunächst als „Mann der ersten Stunde“ in Politik, Gewerkschaft und Gesellschaft in Bad Kreuznach, dann durch das KPD-Verbot des Bundesverfassungsgerichts 1956 seiner politischen Heimat und Betätigung beraubt, „nur“ noch als Gewerkschaftssekretär und „Hobbykünstler“.
Dieses bewegte und bewegende Leben Hugo Salzmanns hat der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz e.V. Joachim Hennig zusammen mit Hugo Salzmanns Tochter Julianna Salzmann aufgearbeitet und in einer sehr umfangreichen Darstellung mit vielen Abbildungen, Fotos, Statistiken, Schaubildern, Landkarten und Sprach- und Film-Sequenzen mit Hugo Salzmanns Arbeiten sowie Zeitzeugen dokumentiert. Diese Ausstellung ist nur im Internet auf der Homepage des Fördervereins Mahnmal Koblenz zu sehen (www.mahnmalkoblenz.de).
Die Präsentation erfolgt im Rahmen eines Gesprächs der Tochter Hugo Salzmanns Juliana Salzmann mit dem Autor Joachim Hennig. Ergänzt wird dies durch eine kleine Schau von Schnitzarbeiten von Hugo Salzmann.
Foto der ursprünglichen Familie Salzmann:
Hugo Salzmann und seine Ehefrau Julianna mit dem 1932 geborenen Sohn Hugo in der Emigration in Paris im März 1935.
Hier einen Pressetext zur Ausstellung lesen
Ausstellung und unseres Fördervereins und Vortrag in Mülheim-Kärlich
In der Zeit vom 20. Februar bis 2. März 2013 zeigt die Evangelische Kirchengemeinde Urmitz-Mülheim im Ev. Paul-Gerhardt-Haus in Mülheim-Kärlich Teile unserer Dauerausstellung mit NS-Opfern aus dem kirchlich-religiösen Bereich. Im Begleitprogramm zu dieser Ausstellung hält unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig einen Vortrag zum Thema „Kirchlicher Widerstand während der NS-Diktatur in unserer Region“. Dabei geht er in einem ökumenischen Vortrags- und Diskussionsabend den Fragen nach: Welche Rolle spielten die christlichen Kirchen unserer Region in der Zeit der NS-Diktatur? Welche Zeugnisse des Widerstands, des Eintretens gegen Verfolgung und Unmenschlichkeit und der Opferbereitschaft gab es in Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen beider Konfessionen im Gebiet des heutigen nördlichen Rheinland-Pfalz? Nach einer allgemeinen Einführung in die Rolle der christlichen Kirchen im „Dritten. Reich“ und in die Kirchenpolitik des NS-Regimes wird Joachim Hennig Widerstand und Verfolgung im kirchlichen Bereich in unserer Region anhand von „Lebensbildern“ (Kurzbiographien) betroffener Persönlichkeiten beider christlicher Konfessionen darstellen. Im Anschluss an seinen Vortrag wird Gelegenheit zur Diskussion und gegenseitigem Austausch bestehen.
Update: Hier eine kleine Bilderstrecke vom Vortrag:
Neues von „unserem“ Zeitzeugen Werner Appel
Herr Werner Appel ist dem Förderverein Mahnmal Koblenz seit vielen Jahren sehr verbunden. Als waschechter Koblenzer, „Schängel“ genannt, ist er der letzte Zeitzeuge, der als Jude über die Zeit des Nationalsozialismus in Koblenz aus eigenem Erleben berichten kann. Er tut es immer wieder gern und stellt sich auch weit jenseits des 80. Lebensjahres in den Dienst der Gedenkarbeit, der Erinnerung an die Diskriminierung, der Verfolgung und Ermordung der Koblenzer und der anderen Juden, der Warnung vor „neuen Ansteckungsgefahren“ und der Mahnung gerade an die Jugend, unsere demokratischen Institutionen weiter zu stärken und den Geist der Demokratie immer lebendiger zu halten.
Seit fast 20 Jahren sind Werner Appel, seine Frau Christel und seine Schwester Ruth gern gesehene und treue Teilnehmer an dem Koblenzer „Heimatbesuchen“, bei denen auf Einladung der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit ehemalige jüdische Bürger aus Koblenz und Vallendar ihre frühere Heimat besuchen und Erinnerungen austauschen und weitergeben.
Aus diesen Besuchen und den Gesprächen herbei ergab sich Werner Appels Zeitzeugenschaft. Seit nunmehr mehr als 10 Jahren berichtet er vor Schülern und anderen Interessierten über sein Leben, das im Jahr 1928 in Koblenz begann, ihn nach der Verfolgung in Nazi-Deutschland und seiner Auswanderung über Palästina, später Israel, dann wieder nach Deutschland, nach Koblenz, Berlin und schließlich nach Frankfurt am Main führte.
Zeitzeuge Werner Appel und Ehefrau Christel an der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz.
Der Kontakt zum Förderverein Mahnmal Koblenz ergab sich im Rahmen der Ausstellung „Jugend im Nationalsozialismus“ zum 27. Januar 2004. Tja, lang, lang ist’s her – gell, Werner. Daraus entwickelte sich neben anderen in Koblenz auch eine freundschaftliche Beziehung zum Förderverein Mahnmal Koblenz und seinen Mitgliedern, vor allem zu den Eheleuten Bodo und Gertrud Zielinski und den Eheleuten Ursula und Joachim Hennig.
Immer wieder berichtete Werner Appel vor einem interessierten Publikum über sein langes Leben und über die Lehren, die er für sich daraus gezogen hat. In bester Erinnerung sind nicht nur die Veranstaltungen in den Schulklassen, sondern gerade auch die Zeitzeugengespräche mit ihm im Rahmen der Gedenkveranstaltung zur 70. Wiederkehr der sog. Reichspogromnacht im November 2008 im Oberlandesgericht Koblenz sowie im Rahmen der vom Justizministerium veranstalteten Fortbildung für Richter und Staatsanwälte zum Thema „Justiz und Recht im Dritten Reich“.
Mehrere glückliche Umstände machten es dann im Sommer 2009 möglich, mit Werner Appel einen Dokumentarfilm über sein Leben zu drehen. Zwei Tage lang nahm er sich mit seiner Frau Christel im Hochsommer Zeit, mit Schülerinnen der Julius-Wegeler-Schule und Zeitzeugen durch das heutige Koblenz zu gehen und ihnen die Geschichte seines Lebens und das seiner Familie zu erzählen. Der Filmer Herbert Bartas nahm alles sehr sorgfältig auf und zusammen mit historischen Fotos und Familienfotos machten Joachim Hennig und er daraus einen einstündigen Dokumentarfilm mit dem Titel: „Werner Appel - Leben und Überleben in Koblenz 1933 – 1945“. Gern erinnert man sich noch an die Uraufführung des Films in der Julius-Wegeler-Schule. Seitdem ist der Film im Angebot des Medienladens Koblenz und kann dort kostenlos ausgeliehen werden. Außerdem bietet der Förderverein Mahnmal Koblenz den Film zum Kauf an. Eine Genugtuung und Freude war es für Werner Appel dann, als er am 29. März 2011 für seine Gedenkarbeit und seine Lebensleistung das Bundesverdienstkreuz verliehen erhielt.
Auch danach war Werner Appel weiter als Zeitzeuge aktiv – man will fast meinen: erst recht. Dies hängt natürlich auch von seiner Bekanntheit heute ab. Dazu hat der Förderverein Mahnmal Koblenz einen gewichtigen Beitrag geleistet. Darüber freuen wir uns sehr.
Werner Appel fand dann Aufnahme in den Zeitzeugen-Pool der Koordinierungsstelle für Zeitzeugengespräche im Unterricht in Rheinland-Pfalz und wurde dadurch auch in Schulen außerhalb von Koblenz verstärkt eingeladen.
Aus diesem Engagement hervorgegangen ist im Jahr 2012 die Facharbeit der Schülerin Stefanie Equit aus Senheim-Senhals vom Martin-von-Cochem-Gymnasium in Cochem/Mosel mit dem Thema: „Antisemitismus im Dritten Reich anhand eines Betroffenen“. Es folgten weitere Zeitzeugengespräche in Schulen, die dann durch den Winter unterbrochen wurden.
Aber im neuen Jahr 2013 ließ sich Werner Appel aber auch von dem nicht enden wollenden Winter nicht in seiner Zeugenschaft abhalten. Inzwischen war auch die Landeszentrale für politische Bildung in Hessen auf ihn aufmerksam geworden und vermittelte in Hessen Zeitzeugengespräche mit ihm.
Einen Presseartikel von Rheingau Echo 08 03 2013 HIER lesen
Einen Presseartikel von Hanauer Anzeigen 12 02 2013 HIER lesen
Einen Presseartikel von Lokal-Presse Geisenheim HIER lesen
Weitere Anfragen von Schulen hat Werner Appel inzwischen erhalten. Um der Erinnerungsarbeit willen stellt er sich immer wieder gern als Zeitzeuge zur Verfügung – wenn die Konfrontation mit der erlittenen Verfolgung ihn auch jedes Mal sehr berührt und mitnimmt. Aber er will gerade der Jugend seine Geschichte erzählen und für unsere Demokratie werben – soweit und so lange seine Gesundheit es zulässt. Auch deshalb wünschen wir vom Förderverein Mahnmal Koblenz ihm von Herzen eine eiserne Gesundheit und ein langes, erfülltes Leben.